Wirkung von Holunder auf die Psyche

Wirkung von Holunder auf die Psyche

Der Holunder ist eine der ältesten Heilpflanzen Europas. Seine doldenförmigen Blüten verströmen einen süßlichen Duft und die dunklen Beeren finden seit Jahrhunderten ihren Weg in Küchen und Hausapotheken. Viele Menschen schreiben der Pflanze eine besondere Wirkung auf die Psyche zu. Doch was ist über ihre tatsächlichen Effekte bekannt? In diesem Artikel erhältst du einen umfassenden Überblick über die moderne Forschung, den alten Volksglauben und praktische Möglichkeiten, Holunderblüten und Holunderbeeren zu nutzen.

Wirkt Holunder auf die Psyche?

Holunder – dieser bescheidene Busch mit den hübschen weißen Dolden und dunklen Beeren – ist kein klassisches Psycho-Kraut im Sinne von Johanniskraut oder Baldrian, aber er beeinflusst die Psyche durchaus indirekt.

Die Pflanze wirkt vor allem immunstärkend, fiebersenkend und entgiftend, was wiederum auf Stimmung und Energielevel durchschlägt. Wenn du körperlich weniger angeschlagen bist, stabilisiert sich auch die Psyche.

Was sagt die Schulmedizin?

Die wissenschaftliche Erforschung der seelischen Wirkungen des Holunders steckt alleredings noch in den Kinderschuhen. Klinische Studien zur psychischen Gesundheit sind rar. Eine kleine Studie aus dem Jahr 2025 untersuchte die Wirkung von Holundersaft bei älteren Menschen mit Gedächtnisproblemen. Nach sechs Monaten zeigte sich eine leichte Verbesserung der kognitiven Flexibilität, jedoch keine deutliche Veränderung der Stimmung. Die Forscher betonen, dass die Ergebnisse vorläufig sind und weitere Untersuchungen erforderlich sind.

Auch Tierversuche deuten auf mögliche Effekte hin: In Studien an Mäusen wurde eine verringerte Immobilität in Verzweiflungstests beobachtet, was als Hinweis auf eine antidepressive Wirkung interpretiert wird. Andere Tierstudien zeigen, dass eine holunderreiche Ernährung bei Ratten mit irritiertem Darmtrakt Angstverhalten und Entzündungen verringern kann. Solche Erkenntnisse lassen sich jedoch nicht eins zu eins auf den Menschen übertragen.

Klar sagen kann man also: Holunder ist ein nährstoffreiches Lebensmittel mit antioxidativen und immunstärkenden Eigenschaften, doch es gibt bislang keine eindeutigen Belege für eine antidepressive oder angstlösende Wirkung bei Menschen. Integrative Mediziner raten, Holunder in die Ernährung zu integrieren, sich aber nicht auf eine heilende Wirkung zu verlassen.

Holunder im alten Volksglauben

Im Volksglauben wurde dem Holunderbusch eine besondere spirituelle Kraft zugesprochen. Die Volksmedizin sah Holunder zudem als „Hüter zwischen den Welten“ – ein Baum der Reinigung und des Loslassens. Symbolisch steht er für Schutz und Erneuerung, was manchen Menschen in emotional schwierigen Phasen tatsächlich hilft.

Bei den germanischen Völkern galt die Pflanze als Sitz der Göttin Holda (auch Holla oder Frau Holle genannt), die über Jahreszeiten und Fruchtbarkeit wachte. Ein Holunderstrauch in der Nähe des Hauses sollte Schutz bringen, böse Geister fernhalten und eine reiche Ernte sichern. Das Abholzen eines Holunderstrauchs galt als Tabu, weil man damit den Zorn der Göttin heraufbeschwor.

Die Kelten verehrten den Holunder als „heiligen Baum“, der den Kreislauf des Lebens symbolisierte. Die weiße Blüte und die dunklen Beeren galten als Zeichen von Geburt und Vergänglichkeit. In ländlichen Regionen wurden Holunderzweige über Türen gehängt, um Krankheiten abzuwehren, und Kinderbettchen wurden mit Holunderholz gebaut, um die Kleinen zu schützen. Zwar gibt es keine wissenschaftlichen Belege für solche magischen Kräfte, doch die Geschichten zeigen, wie tief die Pflanze im kulturellen Gedächtnis verankert ist.

Holunderblüten verwenden

Die duftenden Holunderblüten werden im späten Frühjahr geerntet. Sie eignen sich nicht nur für Sirup oder Desserts, sondern auch für hausgemachte Heiltees. Beim Sammeln sollte darauf geachtet werden, nur vollständig geöffnete, saubere Dolden von einem sicher als Schwarzer Holunder identifizierten Strauch zu pflücken. Zwergholunder oder andere Doppelgänger sind giftig.

Zarte, duftende Holunderblüten
Zarte, duftende Holunderblüten

Holunderblütentee ist ein klassisches Hausmittel bei Erkältungen. Er wird außerdem wegen seiner beruhigenden Eigenschaften geschätzt. Für die Zubereitung übergießt du zwei bis drei Esslöffel getrocknete Blüten mit etwa 150 Millilitern heißem Wasser und lässt den Tee zehn Minuten ziehen. Vor dem Schlafengehen getrunken, kann der duftende Aufguss zur Entspannung beitragen und einen unruhigen Schlaf beruhigen.

Holunderblütensirup bringt den Geschmack des Sommers in die Flasche. Für einen Liter Sirup benötigst du etwa 15 frisch geerntete Blütendolden, einen Liter Wasser, ein Kilogramm Zucker und zwei unbehandelte Zitronen. Koche das Wasser mit dem Zucker, bis er sich auflöst, und lass den Sud abkühlen. Wasche die Blüten vorsichtig, gib sie gemeinsam mit den in Scheiben geschnittenen Zitronen in ein großes Gefäß und gieße den Zuckersud darüber. Decke das Gefäß ab und lasse es zwei bis drei Tage ziehen. Nach dem Abseihen füllst du den Sirup in sterilisierte Flaschen. Verdünnt mit Wasser oder Mineralwasser ergibt er ein erfrischendes Getränk.

Auch in der Küche finden Holunderblüten vielseitige Verwendung: Du kannst sie in Pfannkuchenteig tauchen, ausbacken und mit etwas Zimt und Zucker bestreuen. Ihr feines Aroma verleiht Desserts und Marmeladen eine besondere Note.

Holunderbeeren verwenden

Die tiefvioletten Holunderbeeren werden im Spätsommer geerntet. Wichtig ist, dass sie niemals roh gegessen werden, da sie in ungekochtem Zustand leicht giftige Stoffe enthalten. Durch Erhitzen werden diese Substanzen zerstört, sodass die Beeren sicher verzehrt werden können.

Holundersaft ist ein traditionelles Getränk bei Erkältungen. Für die Zubereitung brauchst du etwa ein Kilogramm entstielte Beeren und einen halben Liter Wasser. Koche die Beeren mit dem Wasser langsam auf, bis sie platzen und Saft austritt. Püriere die Masse und streiche sie durch ein feines Sieb. Koche den gewonnenen Saft mit Zucker (nach Geschmack etwa 500 Gramm) noch einmal auf und fülle ihn heiß in saubere Flaschen. Verdünnt mit warmem Wasser entsteht ein wärmendes Getränk.

Ein süßes Highlight sind Holunderbeerengelee oder -mus. Entferne dazu die Stiele der Beeren gründlich und koche sie mit etwas Apfelsaft weich. Streiche die Früchte durch ein Tuch oder eine Passiermühle, mische den Saft mit Gelierzucker und koche ihn nach Packungsanleitung auf. Fülle das Gelee anschließend in sterile Gläser. Das tiefdunkle Mus schmeckt auf Brot oder zum Verfeinern von Joghurt.

Auch herzhaft lassen sich die Beeren nutzen: Zusammen mit Äpfeln, roten Zwiebeln, Nelken und etwas Essig lässt sich ein würziges Chutney kochen, das hervorragend zu Käse oder Braten passt. Experimentiere nach deinem Geschmack, achte aber stets darauf, die Beeren ausreichend zu erhitzen.

Äußerliche Anwendung von Holunder

Neben dem Genuss als Lebensmittel schätzt die Naturheilkunde den Holunder auch für äußerliche Anwendungen. Ein einfaches Holunderblütenöl lässt sich herstellen, indem du frische Blüten locker in ein sauberes Glas füllst und mit hochwertigem Sonnenblumen- oder Mandelöl übergießt. Verschließe das Glas und stelle es für zwei bis drei Wochen an einen warmen, sonnigen Platz. Schüttle es gelegentlich. Danach werden die Blüten abgeseiht. Das duftende Öl eignet sich zur Pflege trockener, gereizter Haut oder als Massageöl.

Für einen Holunderblütenbalsam erwärmst du 50 Milliliter des selbstgemachten Öls sanft im Wasserbad und gibst 5 Gramm Bienenwachs und 10 Gramm Kakaobutter hinzu. Rühre, bis alles geschmolzen ist, und fülle die Mischung in kleine Tiegel. Nach dem Erkalten erhältst du einen reichhaltigen Balsam, der empfindliche Haut beruhigt. Optional können ein paar Tropfen Lavendelöl den Duft abrunden.

Auch Umschläge und Bäder mit Holunderblüten werden traditionell bei Hautreizungen, Muskelverspannungen oder rheumatischen Beschwerden eingesetzt. Für ein Bad gibst du zwei Hände voll Blüten in einen Liter heißes Wasser, lässt sie 15 Minuten ziehen und fügst den Sud dem Badewasser hinzu. Die wohlriechenden Inhaltsstoffe sollen entspannen und die Haut pflegen.

Im Gleichgewicht mit der Kraft des Holunders

Holunder verbindet kulinarischen Genuss mit traditioneller Heilkunde. Seine Zubereitungen regen dazu an, sich Zeit zu nehmen, Düfte bewusst wahrzunehmen und Ruhepausen einzulegen. Allein diese Rituale können Stress abbauen und das seelische Wohlbefinden fördern. In der modernen Achtsamkeitspraxis spielt das bewusste Erleben von Geschmäckern, Düften und Natur eine wichtige Rolle – der Genuss einer Tasse Holunderblütentee kann so zu einer kleinen Meditation werden.

Trotz folklorischer Geschichten und vielversprechender Tierstudien sollten die Erwartungen an die psychische Wirkung nüchtern bleiben. Die pflanzlichen Inhaltsstoffe tragen zu einer ausgewogenen Ernährung bei, stärken das Immunsystem und liefern wertvolle Antioxidantien. Eine direkte Heilwirkung auf die Psyche ist jedoch wissenschaftlich nicht belegt. Im Mittelpunkt stehen daher der Genuss, das Wohlergehen durch einfache Rituale und der Respekt vor einer Pflanze, die uns seit Generationen begleitet.

Fazit: Natürliche Unterstützung statt Wundermittel

Holunder ist reich an Vitaminen, Flavonoiden und ätherischen Ölen. Er stärkt das Immunsystem, unterstützt bei Erkältungen und bietet vielfältige kulinarische Möglichkeiten. Hinweise aus Tierstudien lassen auf neuroprotektive und stimmungsaufhellende Effekte hoffen, doch der Nachweis beim Menschen steht noch aus. Nutze Holunderblüten und Holunderbeeren deshalb bewusst, als wohlschmeckende Ergänzung und traditionelle Begleiter – und konsultiere bei ernsthaften seelischen Beschwerden einen Arzt oder Therapeuten.

FAQ zum Thema Holunder‑Wirkung auf die Psyche

Kann Holunder die Stimmung verbessern?
Holunder enthält antioxidative und entzündungshemmende Stoffe, die in Tierversuchen positive Effekte auf die Stimmung zeigen. Beim Menschen sind solche Wirkungen jedoch wissenschaftlich nicht bewiesen. Der Genuss von Holunderprodukten kann durch Duft und Ritual beruhigend wirken, ersetzt aber keine Therapie.
Ist Holundersaft ein natürliches Antidepressivum?
Nein. Einzelne Tierstudien zeigen antidepressive Effekte, doch diese Ergebnisse lassen sich nicht ohne Weiteres auf Menschen übertragen. Es gibt keine zugelassenen holunderhaltigen Arzneien gegen Depressionen. Bei depressiven Symptomen solltest du professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Hilft Holunderblütentee gegen Stress?
Holunderblütentee wirkt schwitztreibend bei Erkältungen und hat beruhigende Eigenschaften, die bei innerer Unruhe wohltuend sein können. Seine entspannende Wirkung beruht wahrscheinlich mehr auf dem warmen Getränk, dem angenehmen Duft und dem bewussten Genießen als auf spezifischen Wirkstoffen.
Darf ich Holunderbeeren roh essen?
Nein, rohe Holunderbeeren enthalten giftige Stoffe, die zu Übelkeit und Bauchschmerzen führen können. Erst durch ausreichendes Erhitzen werden die schädlichen Substanzen zerstört. Koche die Beeren immer vor dem Verzehr.
Wie oft kann ich Holunderprodukte konsumieren?
In Maßen genossen sind Holunderblüten und -beeren unproblematisch. Achte darauf, die Beeren zu erhitzen und den Zuckergehalt von Sirupen oder Säften im Blick zu behalten. Bei Unsicherheiten oder bestehenden Erkrankungen sprich mit deinem Arzt, bevor du größere Mengen zu dir nimmst.
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